Ein Unternehmen der LBBW
Vorwort des Vorstands
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freunde der Berlin Hyp,
der russische Angriff auf die Ukraine und dessen Folgen haben uns deutlich vor Augen geführt: Auch scheinbare Gewissheiten können sich innerhalb kürzester Zeit in Luft auflösen. Angesichts des unfassbaren Leids der unmittelbar betroffenen Menschen müssen die Auswirkungen des Krieges auf Menschen, Wirtschaft und Gemeinwesen in Deutschland und anderen europäischen Ländern geradezu verblassen. Und dennoch sind sie gravierend. Steigende Energiepreise und Lebenshaltungskosten belasten Menschen mit geringen Einkommen ganz besonders. Die Versorgung, Unterbringung und Integration der Geflüchteten bringen viele Kommunen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Zudem hat der Krieg die schon seit längerem bestehenden Probleme angespannter oder unterbrochener Lieferketten und daraus folgender Materialknappheit weiter verschärft. Letzteres trifft die Immobilienwirtschaft ebenfalls stark.
Pragmatismus und Wille zur Lösung bleiben gefragt
Auf der anderen Seite gab es viele Entwicklungen, die Hoffnung machen: So hätten es wohl noch vor gut einem Jahr nur wenige für möglich gehalten, dass Deutschland binnen weniger Monate den Wegfall der Gaslieferungen aus Russland kompensieren kann. Neue Flüssiggasterminals wurden in einer für hiesige Verhältnisse extrem kurzen Zeit ans Netz gebracht. Gleichzeitig haben Verbraucher und Industrie den Gasverbrauch reduziert. Der Staat wiederum hat durch umfassende Hilfspakete manche Belastungen abgefedert. Wobei klar ist: nicht alle negativen Folgen ließen sich ausgleichen. Und vor allem hat das Gegensteuern seinen Preis – im monetären, wie im übertragenen Sinne.
Aber es zeigt eben auch, dass viel möglich ist, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Dieser Pragmatismus und der Wille, gemeinsam Lösungen zu finden, wird weiterhin gefordert sein – auch innerhalb der Immobilienbranche. Denn sie steht bei mindestens zweien der großen und drängenden gesamtgesellschaftlichen Aufgaben besonders im Fokus.
So hat der Gebäudebestand eine Schlüsselrolle dabei, die Klimazielen zu erreichen. Seine energetische Sanierung und Ertüchtigung wird Investitionen gigantischen Ausmaßes erfordern. Allein die finanziellen Mittel dafür zu mobilisieren, wird eine Herausforderung sein. Und sie wird die Frage aufwerfen, wie sich die Lasten aus der Transformation sozial ausgewogen verteilen lassen.
Wohnraumversorgung bleibt Kernaufgabe
Nicht minder drängend sind die Fragen, die sich aus der Lage am Wohnungsmarkt ergeben. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Eine wachsende Bevölkerung sowie die nötige Unterbringung von Geflüchteten lassen die Nachfrage weiter steigen. Das Angebot hält mit dieser Entwicklung nicht Schritt. Mehr noch: Auch das von der Bundesregierung definierte Ziel, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen, rückt angesichts hoher Baukosten und erschwerter Finanzierungsbedingungen eher in die Ferne. Zudem machen die höheren Zinsen es für viele Haushalte schwer bis unmöglich, Eigentum zu erwerben. Diese Haushalte drängen zusätzlich auf den bereits engen Mietmarkt.
Dafür zu sorgen, dass der Wohnungsbau wieder in Schwung kommt, ist deshalb eine Aufgabe, der sich alle Beteiligten am Markt stellen müssen. Bei der Berlin Hyp wollen wir unseren Teil zur Lösung beitragen und arbeiten intensiv an entsprechenden Produkten.
Rahmenbedingungen sind und bleiben schwierig
Am Investment-Markt insgesamt wiederum sorgt die Unklarheit, wohin sich die Bewertungen angesichts der Zinssteigerungen entwickeln werden, dafür, dass viele Transaktionen erheblich länger dauern oder gar nicht zustande kommen. Deutlich rückläufige Transaktionsvolumina insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2022 legen ein deutliches Zeugnis dafür ab. Kurzum: die Rahmenbedingungen sind schwierig und wir müssen davon ausgehen, dass sie es auf absehbare Zeit auch bleiben werden.
Hinzu kommen weitere spezifische Herausforderungen in den einzelnen Asset-Klassen: Im Bürosektor wird „New Work“ mit einem Trend zum hybriden Arbeiten die Nachfrage nach Flächen dauerhaft beeinflussen. Schon jetzt fokussiert sich die Nachfrage auf hochwertige Objekte in zentraler Lage, mit langfristigen Mietvertragslaufzeiten, bonitätsstarken Mietern und guter energetischer Performance. Diese Polarisierung wird anhalten.
Im Logistik-Sektor limitieren Flächen-, Ressourcen- und Personalmangel die Entwicklungsmöglichkeiten. Währenddessen bleibt die Nachfrage nach modernen Logistikimmobilien hoch, unter anderem getrieben dadurch, dass Unternehmen angesichts der angespannten Lieferketten wieder mehr Lagerhaltung betreiben.
Bei Hotels lasten der anhaltende Trend zu digitalen Veranstaltungen und Austauschformaten auf den Auslastungszahlen in der Business-Hotellerie. Gleichzeitig ist das Bedürfnis nach Reisen und nach persönlichen Treffen und Erlebnissen nach dem allmählichen Auslaufen der pandemiebedingten Beschränkungen hoch.
Operativer Erfolg und Zusammenspiel mit LBBW stärken das Fundament
In diesem volatilen Umfeld ist ein stabiles Fundament besonders wichtig. Die Berlin Hyp verfügt über ein solches Fundament, das in den vergangenen Monaten weiter an Breite gewonnen hat.
Das zum 1. Juli vollzogene Andocken der Berlin Hyp an die LBBW hat die Relevanz der Bank am Markt weiter erhöht. Es ist eine kraftvolle Größe am Markt entstanden, innerhalb dieser beide Marken mit ihrem eigenständigen Auftritt ihre jeweilige Potenziale entfalten. Die Zusammenarbeit nimmt auf vielerlei Ebenen mehr und mehr Form an. Nach den ersten Monaten unter einem gemeinsamen Dach lässt sich sagen: das Zusammenspiel zwischen Stuttgart und Berlin funktioniert.
Ein stabiles Fundament hat die Berlin Hyp auch aufgrund ihres erfolgreichen Geschäfts. Die Berlin Hyp hat ihre Position in der zweiten Jahreshälfte 2022, über die wir an dieser Stelle als Rumpfgeschäftsjahr berichten, gehalten. Das in diesen sechs Monaten realisierte Neugeschäftsvolumen lag mit 3,8 Mrd. Euro über dem Wert aus dem ersten Halbjahr (3,1 Mrd. Euro). Fasst man beide Halbjahre zusammen, ergibt sich für das Gesamtjahr 2022 ein Neugeschäftsvolumen von 6,9 Mrd. Euro. Es liegt nur geringfügig unter dem sehr starken Niveau des Jahres 2021 von 7,1 Mrd. Euro. Das Ergebnis vor Ertragsteuern lag im Rumpfgeschäftsjahr (1.7. – 31.12.2022) mit 69,7 Mio. Euro ebenfalls über dem Wert aus dem ersten Halbjahr 2022 mit 30,0 Mio. Euro. Auch waren trotz der deutlichen Eintrübung des Umfelds keine signifikanten Kreditausfälle zu verzeichnen bzw. Einzelwertberichtigungen erforderlich. Das ist ein deutlicher Beleg für die Substanz unseres Kreditportfolios. Allerdings haben wir mit Blick auf das volatile Umfeld eine im Vergleich zum Vorjahr höhere Risikovorsorge gebildet.
Für das laufende Jahr gehen wir angesichts des aktuell nicht belastbar planbaren Umfeldes sowie der anhaltend anspruchsvollen regulatorischen Anforderungen von einem niedrigerem Neugeschäft aus. Das Ergebnis vor Ertragsteuern wird im Jahr 2023 voraussichtlich oberhalb des Jahres 2022 liegen.
Substanz und Potenzial finden Widerhall am Kapitalmarkt
Die Substanz und das Potenzial der Berlin Hyp finden ihren Widerhall am Kapitalmarkt. Unsere Emissionen stoßen auf großes Interesse nationaler und internationaler Investoren. Mit ihrem ersten in Schweizer Franken denominierten Green Bond Hypothekenpfandbrief sowie dem erste Green Bond im Jumbo-Format hat die Berlin Hyp im Bereich der Grünen Emissionen das Spektrum erweitert und so ihre Position als einer der führenden Emittentin gestärkt. Unser Anspruch ist, aus dieser Rolle heraus auf der Aktiv- wie der Passivseite unseres Geschäfts die Entwicklung unserer Märkte weiterhin aktiv mitzugestalten.
Auf der Passivseite drückt sich das in unserem anhaltenden Engagement im Bereich ESG-orientierter Emissionen aus. Bis zum Jahr 2025 wollen wir den Anteil der Produkte mit ESG-Ausrichtung in unserem Refinanzierungsmix auf 40 Prozent steigern. Dabei geht es um „grüne“ Produkte ebenso wie um Emissionen, bei denen soziale Ziele, also die „S“-Komponente von ESG, Berücksichtigung finden.
Auf dem Weg zum zunehmend grünen Portfolio
Für die Aktivseite definiert das ESG-Zielbild der Berlin Hyp, dass der Anteil an Green Buildings im Kreditportfolio bis 2025 bei mindestens einem Drittel liegt. Zudem wollen wir im Jahr 2030 den CO2-Fußabdruck des von der Berlin Hyp finanzierten Immobilienbestands gegenüber dem Basisjahr 2020 um 40 % gemindert haben. Wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist eine vollständige Transparenz über den CO2-Fußabdruck der gesamten finanzierten Gebäude bis Jahresende 2023 zu erreichen. Zum Ende des Rumpfgeschäftsjahres 2022 hat die Berlin Hyp eine Green Building- Quote von 30 % und eine CO2-Transparenzquote von 65,4 % erreicht. Zudem wird eine wissenschaftsbasierte Steuerung des Geschäftsportfolios, die eine CO2-Neutralität bis spätestens 2050 ermöglicht, erarbeitet und im neuen Geschäftsjahr umgesetzt. Im September 2022 haben wir erstmals einen Taxonomie-Kredit vergeben. Das Produkt umfasst Darlehen, die das erste Umwelt-Ziel der EU-Taxonomie für umweltfreundliche Finanzierungen adressieren. Es setzt damit einen der zentralen Hebel für eine verbesserte Umwelt- und Klimaperformance des Gebäudebestands in Deutschland an. Weitere Schwerpunkte unserer ESG-Umsetzungsagenda waren die Erweiterung der Risikomethodik im Kontext ESG, die Durchführung eines ESG-Datenprojekts sowie die Unterzeichnung der UN Principles for Responsible Banking.
Ergänzend zu diesen Aktivtäten engagieren wir uns in Initiativen, die das Ziel verfolgen, ESG-Aspekte in den immobilienwirtschaftlichen Alltag zu verankern. Dahinter steht unsere Überzeugung, dass es eines der wichtigsten Themen der Zukunft sein wird, sich mit sozialen Aspekten in der Immobilienfinanzierung auseinander zu setzen.
Unser Ziel: modernster Immobilienfinanzierer Deutschlands sein
Unser Engagement und das wachsende ESG-Produkt- und -Lösungsspektrum sind ein wesentlicher Pfad in Richtung unseres Ziels, der modernste Immobilienfinanzierer Deutschlands zu sein. Weitere wichtige Wege dorthin sind die durchgehende Digitalisierung unserer Kernprozesse und die Modernisierung der IT-Systemlandschaft, bei der wir in den vergangenen Monaten weiter vorangekommen sind. Eine moderne Arbeitswelt für unsere Mitarbeitenden gehört ebenso dazu. Mit dem Neubau unserer Unternehmenszentrale, der allmählich Gestalt annimmt, werden wir hier einen Sprung nach vorne machen. Das Gebäude wird in Sachen Umweltverträglichkeit Maßstäbe setzen. Nicht erst im ressourcensparenden Betrieb nach der Fertigstellung, sondern bereits in der Erstellung. So erfassen wir sämtliche dort verbauten Materialien in einem Kataster. Das erleichtert es, sie zu einem späteren Zeitpunkt leichter wiederzuverwenden.
Trotz fordernder Marktbedingungen, zunehmend wachsenden regulatorischen Anforderungen und der zusätzlichen Aufgaben im Rahmen des Andockens an die LBBW hat die Berlin Hyp auch im Jahr 2022 ihren eingeschlagenen Weg in Richtung des modernsten Immobilienfinanzierers in Deutschland fortgesetzt. Dabei folgen wir der Devise, dass wir Dinge anpacken und „ins Machen“ kommen – auch und gerade, wenn es noch keine Blaupause oder vorgefertigte Lösung gibt.
Das wird auch im Jahr 2023 unser Anspruch bleiben.
Um eine leichtere Lesbarkeit zu ermöglichen, wird
– wie überwiegend üblich – die männliche Form verwendet,
wobei selbstverständlich alle Geschlechter einbezogen sind.