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Trendbarometer-Umfrage: Immobilienwirtschaft zwischen Sorgenfalten und Aufbruchstimmung
24. Oktober 2024
„Die Branche befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen Hoffen und Bangen“, schildert der Berlin Hyp-Vorstandsvorsitzende Sascha Klaus die Stimmungslage in der Immobilienwirtschaft. „Nachdem lange durchweg Pessimismus vorherrschte, unterscheiden sich die Perspektiven nun recht deutlich. Während die einen schon wieder nach vorne schauen und sich über ein leichtes Anziehen des Marktes freuen, sind die anderen noch sehr intensiv mit der eigenen geschäftlichen Situation beschäftigt. Hoffnung auf breiter Basis gibt die Zinswende, Sorgen macht die schwache deutsche Konjunktur.“
Dass es trotz leichter Aufwärtstendenzen bis zur Rückkehr des früheren Selbstvertrauens noch ein weiter Weg ist, zeigt der Stimmungsumschwung bei der von der Berlin Hyp regelmäßig gestellten Trendbarometer-Frage „Wie bewerten Sie aktuell die Attraktivität des deutschen Marktes für Gewerbeimmobilien im europäischen Vergleich?“. 35 Prozent der Befragten bewerten den deutschen Gewerbeimmobilienmarkt im europäischen Vergleich heute als „weniger attraktiv“, im Jahr 2021, also vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs, waren es nur 2 Prozent. Umgekehrt fanden damals 53 Prozent den deutschen Markt „etwas attraktiver“, momentan sehen das nur noch 29 Prozent so.
Lichtblicke zeigt das Ergebnis der Frage „In welcher Assetklasse sehen Sie aktuell das meiste Potenzial für einen zeitnahen Aufschwung?“. Nach dem Motto „Gewohnt wird immer“, glauben 45 Prozent an Tauwetter im Bereich Wohnen. Dafür sprechen ein gesunkenes Zinsniveau, das Ende der Talfahrt bei den Preisen und ein etwas anziehendes Transaktionsvolumen. Weil weiterhin Wohnungen fehlen, ist die Nachfrage da und die Mieten steigen. Demgegenüber stehen allerdings noch immer hohe Baukosten und zu viele Auflagen von Bund, Ländern und Kommunen.
Opportunitäten wittern die Befragten zu 23 Prozent auch im Bereich Logistik. Zum einen hat sich der während der Pandemie starke Flächenbedarf der E-Commerce-Anbieter nach kurzem Knick wieder stabilisiert. Zudem verstärken immer neue geopolitische Unsicherheiten bereits in Ansätzen bestehende Deglobalisierungstendenzen. Damit verbundene verkürzte Lieferketten würden ebenfalls die Nachfrage nach neuen Logistikimmobilien erhöhen, da Unternehmen mehr Produktions- und Lagerflächen im Inland benötigen.
Vor Herausforderungen steht dagegen weiterhin der Bürosektor. In den nächsten Jahren wird laut einer Untersuchung des ifo Instituts und des Immobilienberaters Colliers in den A-Städten mit 12 Prozent weniger Büroflächenbedarf gerechnet, die Leerstände steigen. „Was muss passieren, damit der Bürosektor wieder an Attraktivität gewinnt?“, fragte daher die Berlin Hyp. „Restriktivere Homeoffice-Regelungen“ wünschen sich nur 17 Prozent. Immerhin 54 Prozent würden „hochwertigere Objekte mit modernen Arbeitswelten anbieten“, um die Arbeitnehmenden wieder vermehrt ins Büro zu locken. Der Markt gibt ihnen Recht, denn bei attraktiver innenstädtischer Lage, hochwertiger Objektqualität und gutem energetischen Zustand lassen sich noch immer Spitzenmieten erzielen. 49 Prozent der Befragten glauben darüber hinaus, es braucht eine „Belebung der deutschen Wirtschaft“, um den Bürosektor wieder so richtig in Schwung zu bringen.
Eine solche Entwicklung würde auch auf die Gesamtperspektive der Immobilienwirtschaft einzahlen. Die Auswertung der Frage „Was kann dem deutschen Immobilienmarkt in den kommenden Monaten noch spürbar Auftrieb geben?“ unterstreicht die Abhängigkeit der Branche von äußeren Faktoren: Für die Antwortoptionen „Weitere Zinssenkungen“ (EZB!) stimmten 62 Prozent der Befragten, für „Konjunkturelle Belebung“ (Wirtschaft!) entschieden sich 43 Prozent und für „Abbau von Bürokratie und Regulatorik“ (Politik!) noch 40 Prozent. Doch können sich diese Hoffnungen erfüllen?
Laut Konjunkturprognose der Bundesregierung geht die deutsche Wirtschaftsleistung erneut zurück. Herausforderungen wie eine vernachlässigte Infrastruktur, fehlende Investitionen, die Abwanderung von Unternehmen ins Ausland oder auch eine mangelnde Innovationskraft müssen ebenso wie überbordende Bürokratie und fesselnde Regulatorik dringend angegangen werden, damit Deutschlands Wirtschaft und auch die Immobilienwirtschaft wieder in die Gänge kommt. Positive Signale sendet dagegen die Entwicklung der Zinsen. Was vor einem Jahr noch herbeigesehnt wurde, ist nun Realität. Die ersten Senkungsschritte der EZB haben dem Markt etwas Planbarkeit und Stabilität gebracht. Weitere Zinssenkungen könnten dem Markt in den nächsten Monaten noch mehr Dynamik bescheren.
Das wäre wichtig, denn noch gibt es bei den Transaktionen reichlich Luft nach oben. Hier kommen die Geldinstitute ins Spiel. „Wie nehmen Sie aktuell die Finanzierungsbereitschaft der Banken – vor allem im Bereich Neugeschäft – wahr?“, fragte die Berlin Hyp die Immobilienprofis zum Abschluss der Trendbarometer-Umfrage. 55 Prozent nehmen diese als „eher niedrig“ wahr.
Ein Blick auf die Daten des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VdP) zeigt zwar, dass sich die Kreditvergaben an Privathaushalte seitens der Mitgliedsbanken zuletzt wieder erhöht haben. Dennoch nehmen viele Marktteilnehmer die Finanzierungsbereitschaft im gewerblichen Bereich noch immer als zurückhaltend wahr. Hier gibt die zaghafte Belebung des Transaktionsmarktes aber Hoffnung, dass Banken und Kunden künftig wieder schneller zusammenfinden. Sascha Klaus: „Wir sind offen für Neugeschäft, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Lage, Objektqualität, Vermietung und energetischer Zustand sind die entscheidenden Parameter für eine Finanzierung.“
*Erhebungszeitraum: 7.-9. Oktober
Zusätzliches Material
Mehr Informationen zum Trendbarometer aus dem Oktober 2024 finden Sie in der vollständigen Auswertung.
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