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Kleine Städte vor großen Aufgaben: Kurzstudie zur Nachnutzung von leerstehenden Einzelhandelsgroßflächen
27. November 2024
„Marktanteile gehen an den Onlinehandel, die Konsumlaune ist verhalten und die Umsätze sinken – der stationäre Einzelhandel verändert sich und zieht einen Strukturwandel in unseren Innenstädten nach sich. Dieser wird anhand leerstehender Großimmobilien in zentralen Lagen immer sichtbarer“, sagt Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender des gewerblichen Immobilienfinanzierers Berlin Hyp AG. „Es müssen daher dringend alternative Nutzungsarten in Betracht gezogen und vor allem auch planerisch ermöglicht werden, damit die Attraktivität der Stadtzentren erhalten bleibt. Eine entscheidende Rolle für das Gelingen solcher Projekte spielt jedoch, ob die Maßnahmen auch wirtschaftlich sind. Insbesondere in kleineren Städten gibt es bereits zahlreiche spannende Nachnutzungskonzepte, die sich erfolgreich etabliert haben.“
Nachnutzung ist eine komplexe Aufgabe für alle Beteiligten, ob Städte, Eigentümer oder Investoren. Patentlösungen gibt es nicht. Die von der Berlin Hyp bei bulwiengesa in Auftrag gegebene Kurzstudie „Innerstädtische Einzelhandelsgroßflächen: Dynamik und Nachnutzungsoptionen“ liefert einen realistischen Überblick über die Herausforderungen und zeigt anhand von verschiedenen Beispielen vielversprechende Lösungsansätze auf, insbesondere in deutschen C- und D-Städten. Dort sind zwischen 2018 und 2023 mit -24,2 Prozent und -23,2 Prozent die größten Mietrückgänge zu verzeichnen gewesen. Gleichzeitig verfügen die C-Städte über den zusammengenommen größten Anteil von L- und XL-Einzelhandelsflächen, gut ein Viertel aller Flächen sind größer als 300 bzw. 1.000 Quadratmeter.
Hausaufgabe: Einstige Anziehungspunkte mit neuem Leben füllen
In den C- und D-Städten ist die Situation insofern besonders prekär: Während an den Top-10-Einzelhandelsstandorten nach wie vor Flächen jenseits der 1.000 Quadratmeter Mietfläche nachgefragt werden, ziehen sich nationale und internationale Filialisten aus den kleineren Städten zurück. Dadurch sinkt dort die Flächennachfrage, was auch nicht durch reduzierte Mieten aufgefangen werden kann. Insbesondere große, mehrgeschossige Handelsflächen sind betroffen. Durch das rigorose Schließen der Warenhäuser oder der Verkleinerung von Modekaufhäusern stehen erhebliche Einzelhandelsflächen zur Nachnutzung an. Es gilt, diese früheren Anziehungspunkte mit neuem Leben zu füllen, um die Vitalität der Innenstädte zu erhalten.
„Die deutschen C- und D-Städte spüren die Probleme des Einzelhandels schon etwas länger als die Metropolen und haben vielerorts bereits Strategien entwickelt, damit umzugehen. Lokale Lösungen werden immer wichtiger – dabei entsteht auch ein gewisser Mut, alternative oder neue Nutzungsformen zu wagen“, sagt Dr. Joseph Frechen, Bereichsleiter Einzelhandel bei bulwiengesa und Verfasser der Studie. „Die Kunst besteht darin, kreative Konzepte nicht nur umzusetzen, sondern auch wirtschaftlich tragend zu gestalten. Die öffentliche Hand spielt dabei eine zentrale Rolle.“
Planungsrecht erschwert bestimmte Nutzungsarten
Zu den maßgeblichen Herausforderungen einer Nachnutzung im städtischen Kerngebiet abseits des Einzelhandels zählt vor allem das Planungsrecht, das beispielsweise klassisches Wohnen nicht zulässt. Abhilfe schaffen kann hier die 2017 eingeführte Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“, die den engen nutzungsrechtlichen Rahmen des Kerngebiets aufbricht und vielfältige Nutzungen zulässt.
Auch potenziell notwendige Anpassungen der Einzelhandelsflächen sind zu beachten: Tiefe, schlecht belichtete Flächen erfordern umfangreiche bauliche Maßnahmen, um andere Nutzungskonzepte zu ermöglichen. Die Investitionen müssen mit den erzielbaren Erträgen aus der neuen Nutzungsform in Einklang gebracht werden.
Gelingt all das, scheinen Mischnutzungen ein vielversprechender Ansatz zu sein. Häufig werden dabei dem Einzelhandel kleinere Flächenanteile im Erdgeschoss zugwiesen. In den oberen Geschossen sorgen Büros, Bildungseinrichtungen oder wohnnahe Nutzungen für stabile Mieteinnahmen. Zudem wird so die nach wie vor starke Monofunktionalität der Innenstädte aufgebrochen und aus einem austauschbaren Ort ein lokalspezifischer, der ein neues Publikum anzieht.
Einige gelungene Beispiele für solche Formen der Nachnutzung werden in der Studie vorgestellt. Eine Vorreiterrolle hat in diesem Zusammenhang das „Rheinische Landestheater und Kreishaus, Neuss“. Nach dem Ende des Warenhausstandortes Horten wurde hier bereits um die Jahrtausendwende ein multifunktionales Kultur- und Verwaltungszentrum etabliert. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Umbau des ehemaligen Hertie in Lünen. Aus dem Warenhaus wurde nach einer längeren Umbauphase und unter starkem Engagement der Stadt Lünen im Jahr 2017 ein Wohn- und Geschäftshaus mit Einzelhandel, Gastronomie und Wohnen.
Zusätzliches Material
Die vollständige Studie „Innerstädtische Einzelhandelsgroßflächen: Dynamik und Nachnutzungsoptionen“ finden Sie unter unseren Publikationen.
Die Eckpunkte der Studie kurz zusammengefasst entnehmen Sie bitte den Key Facts.
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